Ostersonntag, 12. April 2020
(Wenn Sie sich die Andacht herunterladen möchten, finden Sie sie hier als
oder hier als Audiodatei)Gedanken zum Evangelium Markus 16, 1-8
Am Abend, als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um den Toten damit zu salben. Ganz früh am Sonntagmorgen, als die Sonne gerade aufging, kamen sie zum Grab. Unterwegs hatten sie noch zueinander gesagt: »Wer wird uns den Stein vom Grabeingang wegrollen?« Denn der Stein war sehr groß.
Aber als sie hinsahen, bemerkten sie, dass er schon weggerollt worden war. Sie gingen in die Grabkammer hinein und sahen dort auf der rechten Seite einen jungen Mann in einem weißen Gewand sitzen. Sie erschraken sehr.
Er aber sagte zu ihnen: »Habt keine Angst! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der ans Kreuz genagelt wurde. Er ist nicht hier; Gott hat ihn vom Tod auferweckt! Hier seht ihr die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Und nun geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: ›Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, genau wie er es euch gesagt hat.‹«
Da verließen die Frauen die Grabkammer und flohen. Sie zitterten vor Entsetzen und sagten niemand ein Wort. Solche Angst hatten sie.
* * *
Es ist schwer die Existenz und die Macht des Todes auszuhalten. Es ist schwer zu akzeptieren, dass das Leben begrenzt ist und manches Mal unter grauenhaften Umständen sein Ende findet. Wie ein tonnenschwerer Stein legt sich diese Unausweichlichkeit auf unser Herz. Manche von uns spüren es vielleicht in diesen Tagen, dass es trotz freier Zeit viel schwerer fällt, sich aufzuraffen und etwas zu tun. Den drei Frauen vor 2000 Jahren mag es wohl ähnlich gegangen sein. Den Leichnam pflegen, das war das einzige, was es noch zu tun gab.
Mitten in dieser bleischweren Finsternis beginnt Ostern. Nicht mit hellem Licht und mit Sonne, und auch nicht unter dem Leitmotiv „Alles wird gut“. Das einzige was zunächst geschieht: der Grabstein ist weg. Auf einmal ist die bleischwere Last weg. Einfach weg. Völlig unerklärbar, rätselhaft, aber weg. Selten dauert es nur drei Tage, häufig wesentlich länger. Aber es gibt diesen Punkt, an dem wir so etwas wie Ent-lastung spüren.
Doch was dahinter erscheint, ist noch immer nicht Licht und Wärme. Es ist Leere. Das Grab ist leer; unsere Vorstellungen, unsere Gedankengebäude, unsere Gewissheiten: alles leer. Erst als die Frauen diese Leere wahrnehmen und zulassen, können Sie die Stimme hören, die sie tröstet: „Habt keine Angst!“ Erst jetzt können Sie ihren Blick abwenden vom Grab und vom Tod. Der Engel sendet die Frauen zurück ins Leben, nach Galiläa, wo mit ein paar Fischern alles angefangen hatte.
Das Osterevangelium wurde mindestens 15 Jahre später, als fast eine Generation später aufgeschrieben. Erst im Rückblick wurde klar, wie tiefgreifend sich das Leben und der Glaube verändert hatten. Aus Angst und Nicht-Glauben wurde neues Leben, neue Zuversicht, neuer Glaube und eine neue Gemeinschaft.
Wie werden wir in einigen Jahren auf die Pandemie des Coronavirus zurückblicken? Bleierne Schwere spüren wir derzeit ganz deutlich. Und auch die Leere in unseren Gedanken und Vorstellungen und Erklärungen ahnen wir bereits. Doch gerade dieses Jahr sagt uns die Osterbotschaft, dass wir keine Angst haben müssen, weil Gott in all dem gegenwärtig ist. Gerade in diesem Jahr gilt, dass das Leben den Tod besiegen wird, und dass wir zurückkehren dürfen in unsere Lebenswelt.
Der ursprüngliche Abschluss des Markusevangeliums endete mit dem Entsetzen und der Angst der Frauen. Dass das Leben wirklich siegt, haben die Menschen damals auch zunächst nicht geglaubt. Auch wir werden nächstes Jahr vielleicht noch immer skeptisch und misstrauisch sein, ob das Leben denn wirklich gesiegt hat. Doch die Verheißung des Evangeliums ist, dass neues Leben und neue Gemeinschaft entstehen werden. Darauf können wir vertrauen.
Ein gesegnetes Osterfest wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Martin Schulte
Gott,
siegt das Leben wirklich über den Tod? An Ostern hast Du es uns zugesagt und neues unvergängliches Leben erschaffen.
Wir bitten Dich: Sei bei uns in unserer Angst. Tröste uns und zeige uns das Leben. Wende unseren Blick weg von Sterben und Tod hin zu unserer Lebens-Welt.
Sei bei denen, die im Sterben liegen oder die um einen lieben Menschen trauern. Zeige ihnen Deinen Trost und nimm die Verstorbenen auf in Dein ewiges Reich.
Sei bei allen, die sich in diesen Tagen für das Leben einsetzen – in den Kliniken und Pflegeeinrichtungen, in den Geschäften. Sei auch bei denen, die in dieser Zeit Verantwortung tragen in der Politik und den Krisenstäben.
Wenn wir heute hinausgehen in die Sonne und in die Natur, dann lass uns Deine Schöpfung zur Kraftquelle und zur Erinnerung werden, dass das Leben über Kälte, Tod und Finsternis siegen wird. Lass uns auftanken, wachsen – und leben.
Amen.